Ich mag den Hashtag, der bei Twitter im Moment die Runde macht, obwohl viele traurige und erschreckende Beiträge darunter zu finden sind. Unter #MeQueer posten queere Menschen ihre Erfahrungen. Es geht also um Homosexualität, Bisexualität, Transgender, Pansexualität, Demisexualität und Asexualität; um einige Beispiele zu nennen. Nur wenige Menschen in meinem Umfeld wissen, dass ich zu den asexuellen Menschen gehöre. Meine Erfahrungen bezüglich des Outings sind auch nicht gerade die Besten.
„Wie, du hattest noch nie eine Beziehung? Das könnte ich nicht!“
„Du warst noch nie verliebt? Das ist doch unnormal!“
„Noch nie Sex? Pfff, kannste mir nicht erzählen!“Warum ich mich 26 Jahre lang kaputt fühlte, bis ich auf die Worte „asexuell“ und „aromantisch“ stieß. #MeQueer
@Ashqtara
Als Erste erfuhr meine damalige Frauenärztin davon, weil sie sich bei jedem Termin nach einer möglichen Partnerschaft erkundigte und wissen wollte, ob ich inzwischen denn endlich sexuelle Handlungen ausführen würde. Sie bemerkte dabei nicht, dass sie bei mir Grenzen überschritt. Ich gestand ihr eines Tages, dass ich asexuell bin und nicht an einer Beziehung interessiert sei. Ihre erste Reaktion war: „Asexualität gibt es nicht. Sie müssen erst den richtigen Partner kennenlernen, dann ergibt sich das mit dem Sex von ganz alleine.“ Bei den halbjährlichen Terminen stellte sie mir fortan weiterhin die Fragen, ob ich in den letzten Monaten sexuell aktiv gewesen sei und ob ich mich nicht nach einer Beziehung sehnen würde.
Ich blieb bei dieser Ärztin, weil ich Angst vor einem Wechsel hatte. Sie drängte allerdings immer mehr und schlug eines Tages vor, dass wir eine Therapie machen könnten. Ich war schockiert über ihre Therapieansätze. Sie würde mir das aber dringend ans Herz legen, auch wenn es sicher Männer gäbe, die ebenfalls wenig Sex haben wollen. Sie würde mir die Angst vor sexuellen Handlungen mit Hilfe dieser Therapie nehmen; obwohl ich überhaupt keine Ängste in dieser Richtung habe. Das war dann mein letzter Termin in der Praxis.
Meiner Oma sagte ich auch einmal, dass ich immer noch keine Beziehung hätte, weil ich mich zu den asexuellen Menschen zählte. Ich dachte, diese Information würde sie nicht schockieren, weil sie mit Homosexualität, Transgender und Bisexualität keinerlei Probleme hat und auch sonst ein weltoffener Mensch ist. Ihre damalige Reaktion war allerdings: „Das auch noch?! Sag mir bitte, dass das nicht die Wahrheit ist. Lass Dir doch etwas Zeit, dann wird der Richtige schon noch kommen.“ Ich ließ das Thema sofort fallen, weil ich von ihrer Aussage sehr erschrocken war. Auch jetzt kommen noch Kommentare. Neulich sagte ich ihr, dass ich dringend an meinen Wohnort zurückmuss und sie antwortete: „Wieso?! Hast Du etwa einen Freund?“
Als ich im vergangenen Jahr zwei „Freundinnen“ von meiner Asexualität erzählte, waren ihre Reaktionen ähnlich. Sie glaubten mir nicht und meinten, dass ich doch problemlos über sexuelle Angelegenheiten sprechen könne. Ich versuchte zu erklären, dass ich nicht prüde bin, sondern asexuell; und das ich keinerlei Interesse an Sex oder Beziehungen hätte. Daraufhin durfte ich mir erneut anhören, dass der Richtige schon noch auftauchen würde und sie mir zur Not einen Kerl suchen würden. Eine Bekannte hingegen meinte einmal zu mir, dass ich bei sexuellen Themen nicht mitsprechen dürfe und wollte mir redensartlich den Mund verbieten, weil mir die entsprechenden Erfahrungen fehlen. Ehrlich gesagt ist das sehr verletzend und anmaßend, denn meine Asexualität bedeutet nicht, dass ich ahnungslos auf dieser Welt wandele.
Auch im Chor meinten die Leute schon zweimal zu mir, dass das nächste große Ereignis sicher meine Hochzeit wäre. Als ich sagte, dass das mit der Hochzeit in meinem Leben nichts wird, bekam ich einige Standardantworten zu hören: „Das hab damals auch gesagt, aber kaum hatte ich die Pille abgesetzt war ich verheiratet und zwei Monate später bereits schwanger.“ Danach traute ich mich nicht mal mehr zu sagen, dass ich asexuell bin und deswegen wenig Hoffnung besteht.
Gerade das Thema Schwangerschaft ist ein Thema, welches meine Mutter mit Vorliebe anspricht. Sie hätte doch so gerne Enkelkinder. Dabei sind gerade meine Eltern die zwei Menschen, die am besten wissen, dass ich bisher keine einzige Beziehung hatte und auch wenig Interesse dahingehend zeige.
Als Jugendliche und junge Erwachsene habe ich mich lange Zeit dafür geschämt, dass ich keine Partnerschaft hatte und auch kein Interesse daran. Meinem damaligen besten Freund äußerte ich vor lauter Verzweiflung, dass ich einen Sänger toll fände und malte Herzchen in mein Tagebuch. Ich zeigte ihm die Seite. Damals verstand ich nicht, weshalb ich keinerlei Interesse an irgendeinem Geschlecht hatte. In der Schulzeit wurde ich häufig gefragt, ob ich auf Frauen stünde; als wäre das automatisch der Fall bei nicht vorhandener Sexualität.
#MeQueer
Ich wusste als Jugendliche’r schon, dass ich asexuell bin.
Mir fehlten nur die Worte dafür.
Umso wichtiger ist es mir, dass Asexualität sichtbar gemacht und normalisiert wird.
#AcePride
@pinkyb0o
Dabei empfinde ich tiefergehende Liebe für verschiedene Menschen. Unabhängig vom Geschlecht oder der Sexualität. Mir ist schon häufiger aufgefallen, dass ich Liebe irgendwie anders empfinde und definiere als viele Menschen. Manchmal empfinde ich so starke Gefühle und Liebe für Menschen, dass meine eigenen Gefühle für mich zur Reizüberflutung werden. Mich als asexuell zu outen fällt mir dennoch schwer, wobei ich mich für diese Tatsache nicht mehr schäme, sondern einfach viele Reaktionen unpassend finde.