Berufsleben

Nach zwei Jahren bin ich jetzt zurück im Berufsleben. Aus meiner Sicht habe ich die zwei Jahre gut genutzt: Ich habe meine Therapie erfolgreich beendet, habe Kontakte geknüpft, versuche meine Träume zu leben. Ich akzeptiere mich als Autistin. Ich war in den letzten zwei Jahren zwar nicht erwerbstätig, aber Arbeit hatte ich trotzdem genug.

Der Weg zurück ins Berufsleben war dann voller Hürden. Allem voran natürlich das Coronavirus. Kurz nachdem ich meine Bewerbungen verschickt hatte, ging es mit der Pandemie nämlich richtig los und es folgte ziemlich schnell der Lockdown. Es kamen folglich nur wenige Reaktionen auf meine Bewerbungen. Ich hatte zwar einige Vorstellungsgespräche, aber meine bevorzugten Stellen waren nicht dabei. Meine bevorzugten Stellen waren nämlich Stellen, die in engem Kontakt zu Menschen standen; und hier befand sich gerade alles im Stillstand. Keine gute Zeit, um nach einem Job im sozialen Bereich zu suchen.

In den letzten zwei Jahren habe ich nämlich bemerkt, dass ich mit meinem Erststudium nicht sehr glücklich bin. Ich habe dort gute Abschlüsse, aber für den Rest meines Lebens kann ich mir diese Tätigkeiten nicht vorstellen. Ich möchte mit Menschen arbeiten, einer sozialen Tätigkeit nachgehen. Das ist meine Welt.

Anfang des Jahres habe ich dennoch nach jedem Strohhalm gegriffen, um endlich einen Job zu haben. Ich bin vor einigen Wochen umgezogen, lebe jetzt mit meiner Partnerin zusammen – und natürlich wollte ich dann auch eine Arbeitstelle haben und Geld verdienen, etwas zum Lebensunterhalt beitragen. Also nahm ich einen Job in meinem alten Bereich an; und es endete in einer Katastrophe.

Ich fühlte mich in meinem alten Bereich so unwohl, dass ich schon am zweiten Tag nicht mehr zur Arbeit fuhr. Diese Erfahrung war sehr kontraproduktiv für mein Selbstwertgefühl. Alte Ängste und Zweifel kamen wieder auf: Schaffe ich es zu arbeiten und eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu halten?! Ich hatte dann Glück im Unglück. Noch am gleichen Tag bekam ich eine Mail zu einem Vorstellungsgespräch. Ich bekam den Job.

Und bin jetzt zurück im Berufsleben. Mein aktueller Job ist eine Mischung aus meinem ehemaligen Bereich und sozialen Tätigkeiten. Ursprünglich wollte ich eine Teilzeitstelle, habe jetzt aber eine Vollzeitbeschäftigung. Mir ist es trotzdem lieber Vollzeit in meinem bevorzugten Bereich zu arbeiten, als Teilzeit in meinem alten Beruf. Ich bin jetzt glücklicher, zufriedener – und ich mag den Job. Es gibt natürlich Hürden und Herausforderungen, aber es ist ein gutes Gefühl sie zu meistern.

Gleichzeitig habe ich mich im Juli auf Studienplätze beworben, denn ich möchte ein Zweitstudium in Psychologie machen. Das war schon immer ein großer Traum von mir. Ich möchte psychologische Psychotherapeutin werden, therapeutisch mit Menschen arbeiten. Es wird sicher kein Zuckerschlecken, aber ich fühle mich gut bei meinen Plänen. Ich lebe mein Leben, meine Träume, meine Wünsche. Ich verbiege mich nicht mehr, sondern versuche „Ich“ zu sein. Das ist mir sehr wichtig.

Ich bemerke natürlich, dass der Job schlaucht. Nach der Arbeit kann ich deutlich weniger kompensieren, weil die Energie bereits während der Arbeitszeit verbraucht wird. Ich interagiere viel mit anderen Menschen. Es bereitet mir Freude. Wirklich Freude. Allerdings brauche ich Ruhe und Auszeiten. Ich bin froh, dass ich eine Stelle in meinem bevorzugten Bereich gefunden habe. Nun darf ich mit Menschen arbeiten, ihnen pädagogisch zur Seite stehen. Ich komme meinem Traum näher – und das ist ein tolles Gefühl.

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